Autoren: Dr. Werner Schupp, Dr. Julia Haubrich,Dr. Julia Steinmaier (geb. Funke)
Einleitung: Bedeutung der Okklusionsschiene in der Kieferorthopädie
Okklusionsschienen sind intraorale Apparaturen, die zur Änderung der okklusalen Relation zwischen Ober- und Unterkiefer eingesetzt werden. Ihre Hauptindikationen sind:
• Behandlung der craniomandibulären Dysfunktion (CMD)
• Schutz von Zahnschmelz und Zahnhalteapparat
Durch die gezielte Neupositionierung des Unterkiefers sowie der Kiefergelenkkondylen werden sie auch als craniomandibuläre orthopädische Positionierungsapparaturen (COPA) bezeichnet. Die Herstellung erfolgt heutzutage zunehmend digital.
Diagnose und Behandlungsplanung
Eine umfassende Untersuchung des kraniomandibulären Systems ist essenziell. Die Diagnostik umfasst:
1. Manuelle Funktionsuntersuchung
2. Digitale Funktionsanalyse (z. B. Volumentomografie, MRT)
3. Standardisierte Screening-Tests (z. B. „Short-Screening-Test“ nach Meyer)
Falls zwei oder mehr positive Funktionsbefunde vorliegen, wird eine detaillierte Funktionsdiagnostik durchgeführt. Diese sollte immer aus der physiologischen Kondylenposition (CR) heraus erfolgen, nicht aus der habituellen Interkuspidation (CO).
Eine initiale Funktionstherapie mit einer Okklusionsschiene hilft, die ideale Kieferposition zu bestimmen, bevor eine kieferorthopädische Behandlung beginnt.
Digitale Herstellung der Okklusionsschiene (COPA)
Dank moderner 3D-Technologien kann die Okklusionsschiene mit hoher Präzision digital gefertigt werden. Der Workflow umfasst:
1. Digitale Erfassung der Zahnbögen mittels Intraoralscanner
2. Bestimmung der physiologischen Kieferrelation
3. Digitale Konstruktion der Schiene (z. B. mit OnyxCeph³™ oder Netfabb™)
4. 3D-Druck der Schiene aus biokompatiblen Materialien
5. Finale Anpassung und Politur
Die Verwendung von 3D-gedruckten Okklusionsschienen bietet Vorteile gegenüber klassischen Herstellungsverfahren wie Fräsen oder Gießen.
Wissenschaftliche Evidenz zur Wirksamkeit von Okklusionsschienen
Studien zeigen, dass Okklusionsschienen signifikant zur Schmerzreduktion bei CMD beitragen können. Eine Meta-Analyse von Al-Moraissi et al. ergab:
• Arthrogen bedingte CMD verbessert sich am meisten durch anteriore Repositionierungsschienen (ARS).
• Myogene CMD profitiert besonders von harten Stabilisierungsschienen (HSS).
• Zahnknirschen (Bruxismus) kann mit Schienen reduziert werden.
Mechanische Tests zeigen zudem, dass 3D-gedruckte Polycarbonat-Schienen hervorragende Passgenauigkeit und Biokompatibilität aufweisen.
Fazit: Vorteile des digitalen Workflows für Okklusionsschienen
• Hohe Präzision durch 3D-Druck
• Bessere Patientenakzeptanz durch optimierte Passform
• Effizienzsteigerung in der Praxis durch digitale Planung
• Individuelle Anpassung je nach Patientensituation
Die Kombination aus moderner Diagnostik, standardisierten Testverfahren und digitaler Fertigung sorgt für eine optimale Behandlungsstrategie bei CMD, Bruxismus und Kieferorthopädie.
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Quelle:
Schupp, W., Haubrich, J., & Funke, J. (2021). Behandlung mit Okklusionsschienen und deren Herstellung im digitalen Workflow. ZWR – Das Deutsche Zahnärzteblatt, 130(11), 554–559. https://doi.org/10.1055/a-1676-1320