Autoren: Prof. Dr. Benedict Wilmes,Dr. Julia Steinmaier (geb. Funke), Dr. Werner Schupp, Dr. Julia Haubrich, Prof. Dr. Dieter Drescher
Einleitung: Lückenschluss als kieferorthopädische Herausforderung
Beim Fehlen von Zähnen im Oberkiefer stellt sich die Frage nach der bestmöglichen Behandlung: prothetischer Ersatz mittels Implantaten oder Brücken oder ein orthodontischer Lückenschluss. Der Vorteil des Lückenschlusses liegt in der Möglichkeit, durch Zahnbewegungen Knochen im Bereich der Lücke zu generieren und so Atrophien im Kieferknochen auszugleichen. Allerdings erfordert ein Lückenschluss eine hohe Verankerung, insbesondere bei asymmetrischen Zahnsituationen. Klassische intermaxilläre Gummizüge hängen stark von der Patienten-Compliance ab und können unerwünschte Nebenwirkungen verursachen.
Aligner als Alternative zur Multibrackettechnik?
Aligner bieten ästhetische und hygienische Vorteile gegenüber festen Zahnspangen. Dennoch sind sie bislang nicht in der Lage, eine vollständige Mesialisierung von Molaren ohne zusätzliche Unterstützung zu erreichen. Wissenschaftliche Studien zu diesen biomechanischen Limitationen stehen noch aus.
Skelettale Verankerung durch Mini-Implantate
Mini-Implantate haben sich als zuverlässige Verankerungssysteme in der Kieferorthopädie etabliert. Während frühere Methoden interradikuläre Insertionen nutzten, haben sich Mini-Implantate im anterioren Gaumen als stabiler erwiesen. Hier kommt der Mesialslider zum Einsatz, der für eine kontrollierte und körperliche Zahnbewegung sorgt. Die Kombination aus Aligner-Therapie und skelettal verankertem Mesialslider ermöglicht eine gezielte Zahnverschiebung mit minimalen Nebenwirkungen.
Der CAD/CAM-Mesialslider: Digitaler Workflow für präzise Planung
Traditionell wurde der Mesialslider im Labor angefertigt. Fortschritte in der digitalen Fertigung (CAD/CAM) erlauben heute eine präzisere Herstellung mittels intraoraler Scans und additiver Fertigungstechniken wie dem selektiven Lasersintern (SLS). Durch virtuelle Planung können Mini-Implantate und der Mesialslider in einer einzigen Sitzung eingesetzt werden.
Das Benefit Direct System: Appliance First-Ansatz
Ein innovativer Ansatz ist das Appliance First-Prinzip, bei dem der Mesialslider zuerst eingesetzt und anschließend die Mini-Implantate zur Verankerung hinzugefügt werden. Dies wird durch ein spezielles doppelläufiges Innengewinde ermöglicht, das eine winkelstabile Verbindung zwischen Implantat und Apparatur erlaubt. Selbst bei einer Insertionsfehlstellung von bis zu 15° bleibt die Stabilität erhalten.
Klinisches Beispiel: Lückenschluss bei einer 48-jährigen Patientin
Eine Patientin mit einem nicht erhaltungswürdigen Zahn 26 sowie bimaxillären Frontprotrusionen wurde mittels Aligner und Mesialslider behandelt. Nach der digitalen Planung über das Portal TADMAN.de erfolgte die Insertion der Mini-Implantate und die Eingliederung der Apparatur in einer Sitzung. Trotz anfänglicher Entzündungen aufgrund suboptimaler Mundhygiene zeigte sich nach zwei Jahren ein erfolgreicher Lückenschluss, und nach 2,5 Jahren war die Behandlung abgeschlossen.
Diskussion und Fazit
Der Lückenschluss bietet langfristige Vorteile wie die Erhaltung von Knochen und eine bessere Verteilung der Zahnkräfte im Kiefer. Dennoch ist er anspruchsvoller als eine Lückenöffnung und erfordert eine stabile Verankerung. Skelettal verankerte Geräte wie der Mesialslider stellen eine effektive Lösung dar, insbesondere in Kombination mit Alignern. Der digitale Workflow verbessert die Planbarkeit und Patientenakzeptanz erheblich.
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Quelle:
Wilmes, B., Funke, J., Schupp, W., Haubrich, J., & Drescher, D. (2021). Mesialslider & Aligner für den Lückenschluss im Seitenzahngebiet. J. Compr. Dentof. Orthod. + Orthop. (COO) Umf. Dentof. Orthod. u. Kieferorthop. (UOO), 3–4, 2021.